Die hässlichsten und langweiligsten Tiroler Dörfer und Städte (1/50): Stuben am Arlberg

Stuben ist seit dem Mittelalter ein Versagerdorf. Schon der Name zeugt von grosser Langweile. Stuben bedeutet nämlich einfach, dass man hier eine „warme Stube“ fand auf dem Weg über den Arlberg. Diesem Arlbergpass ist es überhaupt zu verdanken, dass es Stuben gibt. Ansonsten wäre kein Mensch auf die Idee gekommen, an diesem steilen, immer windigen Schattenhang am östlichen Ende des Klostertals eine Siedlung anzulegen. Da aber der Arlbergpass nicht von Norden nach Süden, sondern bloss von West nach Ost führt, durch die Alpen und nicht über die Alpen,  fiel diese Unterstützung für eine interessante Entwicklung des Ortes über die Jahrhunderte immer wieder in sich zusammen. Kaum war etwas Aufschwung da, etablierte sich zum Beispiel der Fernpass oder die Eisenbahn. Darum ist aus Stuben nie mehr geworden als eine Ansammlung von knapp 50 Häusern, heute vor allem Hotels und Gaststätten. Dabei ist hier weder ein innovatives Gastrokonzept noch irgendeine Innovation zur Entwicklung des Übernachtens entwickelt worden. Das einzige ein bissel interessante Haus ist die Kirche, aber vor allem deshalb, weil sie einfach alt ist und Stuben so arm und bedeutungslos war, dass man die Schule gleich an die Kirche angebaut hat, viel zu unterrichten wird es nie gegeben haben. Die Landwirtschaft, welche man zwischen den kurzen Aufstiegen und langen Abstürzen des Ortes betreiben musste, spielt heute keine Rolle mehr. Von Stuben führt eine Skilift hinauf ins Arlbergskigebiet, und aus diesem Grund kommen heute Touristen hierher, welche wirklich ja nichts anderes erleben wollen ausser Skifahren, Essen, Schlafen und ein wenig Autoverkehr.

Die hässlichsten und langweiligsten Tiroler Dörfer und Städte (2/50): Völs

Völs heisst Völs, weil man in Völs nichts sieht ausser Fels. Die gegenüber, auf der anderen Seite des Inn liegende Martinswand ist omnipräsent. Dann gibt es in Völs eine sehr schöne moderne Kirche, die umgangssprachlich als „Stockzahn“ bezeichnet wird. Ansonsten besteht Völs aus 70er-Jahre-Blockbauten, hässlichen Einfamilienhäusern und der Cyta. Die Cyta besitzt zwar ein eigenes Ortsschild, gehört aber verwaltungstechnisch zu Völs. Es handelt sich dabei um ein gigantisches Shoppingareal direkt an der Inntal-Autobahn. So hat man sich die Zukunft mit ewigem Wirtschaftswachstum auch hier vorgestellt. Der liebe Gott hat zwar dann im Jahr 2005 einen kleinen Tipp gegeben, das es eventuell nicht immer so weiter gehen wird, indem er das Areal und seine 50´000 m2 Einkaufsfläche grosszügig im Schlamm des angrenzendes Inns versenkte, aber davon ist bis auf eine Hochwassermarkierung im Innern des Einkaufszentrums nichts übrig geblieben. So werden weiterhin laut eigenen Angaben rund 2 Millionen Euro pro Jahr in die Cyta investiert, welche inzwischen als eines von 40 Einkaufszentren der Rutter Immobilien Gruppe gehört. Diese wiederum gehört Martin Rutter und dem Kitzbüheler Hotelkönig Christian Harisch. Am Wochenende findet auf dem 2000 Fahrzeuge fassenden Parkplatz ein Flohmarkt statt, auf dem man versucht, den ganzen Plunder, den man unter der Woche hier gekauft hat, ohne allzu grossen Verlust wieder unter die Leute zu bringen. Darüber brausen die Flugzeuge des naheliegenden Innsbrucker Flughafens.

Die hässlichsten und langweiligsten Dörfer und Städte Tirols (3/50): Schwaz

Schwaz hat eine unglaubliche reiche Geschichte. Hier befand sich das Urbergwerk der Welt, nach dessen Modell dann der Rest der Welt zerstört wurde, um Höhlen zu graben und Schätze zu bergen. Heute besteht Schwaz aus einer gigantischen Kirche mit Park, dessen Kreuzgang voller Gräber und Denkmäler ein wilder Mischmasch der Zeiten ohne Sinn, Zweck oder Ästhetik ist. Schwaz ist kriegsbedingt mehrmals abgebrannt, deshalb keine Metropole mehr, und was von der mittelalterlichen Altstadt noch übrig geblieben ist, strotz vor Hässlichkeit und scheint es nicht der Wert zu sein, instand gehalten zu werden. Dazwischen willkürlich Neubauten ohne Einheitlichkeit oder klarem Bruch, sondern irgendetwas dazwischen. Natürlich könnte man Schwaz auch als Heimat der ersten Arbeiterbewegung bezeichnen, waren doch in Zünften organisierte Facharbeiter mit den Minen- und Schmelzöfen-Betreibern so zerstritten, dass in besagter Kirche Wände hochgezogen werden mussten, damit es während den sonntäglichen Gottesdiensten nicht zu körperlichen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien kam. Aber Schwaz erinnert lieber an die Gewinner der Geschichte; die Urkapitalisten Fugger und den ersten Machtmenschen, der die Möglichkeiten des Fremdkapitals zur Potenzierung von Möglichkeiten verstanden hatte: Kaiser Maximilian.

Das heutige Schwaz wurde durch moderne Architektur zerstört. Die Innpromenande ist eine grausige Bundesstrasse mit viel Verkehr, an der Einkaufszentren und Autoverkaufshäuser liegen. Am schlimmsten sind dabei die Stadtgalerien, ein Komplex aus Geschäften und einem überdimensionierten Parkhaus, welcher auf den Ruinen einer alter Zigarettenfabrik gebaut wurde. Er schirmt die Altstadt komplett vom Inn ab und nimmt so viel Platz ein, dass jede noch so winzige stadtplanerische Möglichkeit im Zentrum für immer verspielt ist.

Es gibt in der ganzen Stadt keinen Ort einzigen, an dem man gerne verweilen möchte, und falls ein Ort doch angenehm werden könnte, wird dieser gezielt durch Verkehr zerstört, wie zum Beispiel der eigentlich schöne, teils geöffnete Innenhof des Rathauses. Und es ist kalt in Schwaz. Es ist so verdammt kalt. Wer wissen möchte, wie sehr die Menschen früherer Zeiten gefroren haben müssen, dem empfiehlt sich ein morgendlicher Spaziergang durchs winterliche Schwaz. Nicht nur der kalte Wind und die Feuchte – trotz Temperaturen weit unter Null – machen einem zu schaffen, sondern auch, dass die Häuser und Strassen hier die Kälte so stark abstrahlen, dass man immer noch mindesten 10 Minusgrade zur Aussentemperatur draufsetzen kann. So ist denn Schwaz die Hälfte des Jahres wie ausgestorben, weil sich kein Mensch diese Kältefolter – die dann Tage anhält, als würde das Frösteln von den Steinmauern ins Gehirn kriechen – antut.


Die hässlichsten und langweiligsten Dörfer und Städte Tirols (4/50): Imst

Imst, das alte Nazinest, ernannte Adolf Hitler schon 1933, also lange vor dem Anschluss, zum Ehrenbürger. Nur unter grossem politischen Druck von aussen, erst in den 1990er-Jahren wurde das wieder zurückgenommen. Auch weigerte man sich so lange als möglich, eine Strasse umzubenennen, welche dem bis zur totalen Endniederlage fanatischen Faschodichter Jakob Kopp, gebürtig in Imst, gewidmet war. Dieser hatte zum Beispiel mittels Gedichte auch noch die letzten übrig gebliebenen männlichen Kinder und Greise dem längst verlorenen Krieg opfern wollen, während er gemütlich zu Hause blieb. Zur Verteidigung von Imst könnte man sagen, es gibt nicht viele Menschen aus Imst, die irgendetwas besonders konnten oder wollten. Grosse Ausnahme war bis vor kurzem der Gründer der SOS-Kinderdörfer Hermann Gmeiner. Doch auch diese Organisation ist vor kurzem von ihren dunklen Wurzeln eingeholt worden. Auch sonst wirkt Imst wie tot und aus der Zeit gefallen. In der Zeitung liest man von Imst immer nur dann, wenn sich die Stadt mal wieder weigert, eine SS-Gedächtnisstätte aufzugeben, oder irgendwo ein privates Waffendepot ausgehoben wird. Der Ort mit der grössten Ausstrahlung in Imst ist die Billa-Filiale. Allerdings sollte man nicht erwarten, mit Einheimischen in irgendein Gespräch kommen zu können. Wessen Familien hier nicht schon seit Jahrhunderten leben, existiert für die Imster faktisch nicht, und dessen Interessen können nur böse sein, werden bestenfalls ignoriert, müssen schlimmstenfalls bekämpft werden. Das grausige Wetter, der dunkle Talkessel und die Inzucht haben hier einen Menschenschlag geformt, der von der modernen Welt komplett überfordert ist, die Annehmlichkeiten dieser aber gerne nutzt. Der Widerspruch, der daraus entsteht, macht die Imster so wütend, dass sie es kaum erwarten können, dass der nächste Weltkrieg ausbricht. (Anmerkung: Viele dieser Skandale wurden vom Blogger Markus Willhelm von dietiwag.org aufgedeckt)

Die hässlichsten und langweiligsten Tiroler Dörfer und Städte (5/50): Pertisau am Achensee

Wer sich für die Entwicklung des Hotelbaus der gehobeneren Klasse oder die Gestaltung von Wellnessanlagen interessiert, findet in Pertisau viel Anschauungsmaterial. Der Ort besteht praktisch nur aus Hotelkästen, mal abgesehen von der hässlichen Glaspyramide des Steinölmuseums. Gerüchten zufolge soll es sich dabei um das geheime Mausoleum von Falco handeln, welcher hier und gar nicht am Zentralfriedhof zu Wien begraben sei, weil Falco sich hier oben gerne in der Sommerfrische mit seiner Mutter inkognito von seinem Lebensstil erholte und mit Steinöl einschmieren liess. Die Besuche Falcos und die Entdeckung des Steinöls sind in all den Jahrhunderten auch das einzig Spannende, was in diesem jahrhundertelang als Jagd- und Fischgebiet von den habsburgischen Kaisern besetzten Gebiet geschehen ist. Steinöl ist ein halb esoterisches, gut vermarktetes Körperpflegeprodukt. Es wird mittels Erhitzen, Verdampfen und Kondensieren aus Ölschiffergestein gewonnen. Obwohl die Lage an einem schönen See und umgeben von sehr spannenden Bergen zu mehr inspirieren könnte, mag keine der Übernachtungshallen für die Massenabfertigung von vor allem gut betuchten Deutschen und Schweizern in Pertisau architektonisch überzeugen. Es dominieren Zweck, Genuss, Opportunismus und Anpassung an den Massengeschmack. Darum nennt man Pertisau auch „das Dorf der 90er“, obwohl es natürlich schon um einiges länger Tourismus hier oben gibt. Aber seit den 90ern ist hier nichts mehr passiert ausser Renovationen oder langweiligen Neubauten des Immergleichen. So endet zwar die Achenseedampflokomotischenbahnstrecke hier oben, die aber auch nicht mehr hergibt als ein lustig langes Wort. Der durchschnittliche Besucher verbringt eine Woche im Dampfbad, zieht sich ab und zu einen dicken Schlafmantel an, geht auf Terasse und fragt sich vor sich hin dampfend, obwohl die Gäste im Kasten nebendran die schönere Sauna haben, und beim nächsten Besuch findet er raus, nein, nur genau gleich kitsch.

Die hässlichsten und langweiligsten Dörfer und Städte Tirols (6/50): Schönberg im Stubaital

Bei Schönberg im Stubaital sollte man sich nicht vom Namen täuschen lassen. Weder ist Schönberg schön noch liegt es so richtig im Stubaital. Die grösste Leistung der Schönberger*innen war, den Bau der Europabrücke zu ermöglichen. Die Europabrücke war bei ihrem Bau die höchste Brücke Europas, führt über die SillSihlschlucht und gehört zur Brennerautobahn, dem stark befahrenen Weg über die Alpen nach Süden und wieder zurück. (Iim ganzen detailliert hab ich das schon mal hier beschrieben: https://kulturmutant.wordpress.com/…/tirol-eine…) Jetzt fragt man sich natürlich, warum waren die Schönberger Trotteln so wahnsinnig erpicht darauf, dass rund um ihr Dorf eine Autobahn geht, dazu noch eine Mautstelle, und damit das Dorf für immer zerstört wird. Man kann argumentieren, man sei sich damals der verehrenden Auswirkung der neuen Mobilitätspisten noch nicht so recht bewusst gewesen, und das Verkaufsaufkommen sei ebenfalls massiv geringer gewesen. Doch wichtiger war etwas anderes. Es gab von alters her zwei Wege aus dem Inntal Richtung Brennerpass. Der eine führt von Hall aus über Ellbögen immer angenehm ansteigend nach Matrei und der andere über Innsbruck und die steile Felsenstufe Schönberg, und ständig gab es Konflikte, welcher Weg denn der bessere wäre. Und so so haben Innsbruck und Schönberg natürlich den Jjahrhundertelangen Reflex auch in den 60er- Jahren nicht unterbinden können. Wäre die Brennerautobahn sinnvoll ab Hall über Ellbögen geführt worden, hätte man sich als Verlierer in einem Jjahrhunderte dauernden Kampf gefühlt. Und so führt die Autobahn nun durchgeknallterweise und mit gewaltigem ständigenm Renovations-Aufwand verbunden dank Europabrücke durch Schönberg, damit das benachbarte Stubaital aber auch ja nicht vom Ggeldsegen versprechenden Tourismusstrom abgeschnitten wird. Für Schönberg hatte das zur Folge, dass es wohl kaum ein Dorf in ländlichen Gefilden gibt, das so vollkommen von einer langgezogenen Autobahnkurve umschlossen wird, ja sich geradezu in den Fernverkehr einkuschelt. Nicht genug, das ganze Dorf ist Dem nicht genug ist das ganze Dorf seit Jahrzehnt darüber zerstritten, wem die Einnahmen von Tankstelle und McDonalds-RaststätteMc Donalds Raststätte auf Schönberger Gemeindegebiet zustehen, der Gemeinde oder der aus alten Bauernsfamilien bestehenden sogenannten Agrargemeinschaft (sie nennen sich, man kann nicht oft genug darüber lachen, Agrarier), welche sich den Kauf des Baulandes an der Autobahn, auf dem die Raststätte steht, einst durch Gewinne aus illegal angeeignetem Gemeindeboden ermöglichte.

Die hässlichsten und langweiligsten Dörfer und Städte Tirols (7/50): St. Johann in Tirol

Tirol lebt ja von seiner Selbstidealisierung als Kitsch aus dem 19. Jahrhundert, dendass es als Bergbauernrealität zusammen mit der Landschaft an dumme Touristen verkauft. Besonders schlimm romantisch verschandelt ist der Bezirk Kitzbühel. Aber selbst hier muss irgendwo die Industrie hin, die Hotelwäsche gewaschen, der Müll entsorgt werden usw., und dafür ist St. Johann und Umgebung zuständig. Es gibt natürlich auch hier die Möglichkeit, Urlaub zu machen, und die kleine Altstadt von St. Johann besteht aus einigen Prachtbauten, die vom mittelalterlichen Aufschwung durch Bergbau zeugen. In diesen Häusern befinden sich sinnlose Souvenir-, Geschenk- undoder Kleiderläden sowie überteuerte Biomärkte. Passend dazu steht hier die ausdrucksloseste Barockkirche der Welt: die St. Antoniuskapelle, bei deren man sich beim ersten Anblick verwundert fragt, wozu die Menschen vor ein paar hundert Jahren schon hässliche Turnhallen bauten. In St. Johann gehen die Leute viel schneller als im vRest von Österreichs und wirken furchtbar gehetzt, als müssten sie grad noch wo anders hin. Vielleicht liegt das daran, dass das hier ein Verkehrsknotenpunkt ist. Am zentralsten ist deshalb die Durchgangsstrasse, welche immer voller Autos und Lastwagen ist. An dieser reihen sich dann verschiedenen Betriebe, Möbelhäuser und Sportgeschäfte. Der Weltkonzern Egger hat hier seinen Stammsitz und beschert dem Städtchen eine permanente Rauchwolke aus einem gewaltigen Industriekamin, wie man es sonst nur von Kühltürmen von Atomkraftwerken kennt. Die Sicht auf das eigentlich wunderschöne Kaisergebirge ist von St. Johann aus kaum gegeben. Man kann von hier aus nur alles nur aAndeutungsweise, genauer,  bzw. vor allem den Abschlusszipfel sehen, und das fühlt sich dementsprechend minderwertig an. Kurz gesagt, St. Johann ist so schrecklich wie die Musik von DJ Ötzi, weshalb es nicht verwundert, dass dieser hier geboren wurde.

Die hässlichsten und langweiligsten Dörfer und Städte Tirols (8/50): Mils bei Hall (8/50)

Mils war einst ein nettes kleines Dorf. Diese klassische Inntaler Siedlung auf einer sonnigen Ebene bestand aus einem Kloster, dem Schlösschen Schneeburg der Familie Schneeberg und einer Ansammlung grosser, prächtiger Bauernhöfe.

In den klassischenr Eindachhöfen nutzten einige reiche GrossbauernfamilienGrossbauer-Familien den Rest der Bevölkerung mittels Sklavenarbeit aus. Diese Bauernhöfe waren so gebaut, dass sie der sozialen Struktur der Bauernsippen entsprachen, wo ein Patriarch über jeweils ca. 20–-50 mit ihm mehr oder weniger verwandte Untertanen auf allen Ebenen frei verfügen konnte. Dies geschah mittels Gewalt und religiöser Gehirnwäsche. Wer behindert, schwach, zu alt, oder zu rebellisch war, wurde entweder ins Nonnenkloster St. Josef abgeschoben oder im Wald vergraben. Ab den 60er- Jahren des vergangenen Jahrhunderts war diese schöne Zeit des Mittelalters leider vorbei, und Mils begann sich nun bedeutend zu wandeln. Hierbei sollte man sich von 1968 als Mythos und dem Rest von Europa nicht täuschen lassen. In Mils brach nicht erst beinahe die sozialistische Liebesrevolution aus, um schliesslich als sozialdemokratischer Kompromiss endend den Weg in die Hölle doch Hhändchen haltend mit dem Grosskapital Richtung Faschismus zu gehen, also quasi, was man in Mils von früher, einfach in härterer Form mit den Bauernhöfen und dem Jaucheloch eh schon kannte. Nein, Mils war seiner Zeit sowohl voraus wie auch hinten nach. Hier begann dank dem starken katholischen Fundamentalismus gleich die paradiesische Zeit der totalitären Privatfamilien – in Architektur und Raumplanung ausgedrückt: der Einfamilienhäuserteppich –, die Utopie, dass sich ein Schlösschen Schneeburg für alle ausgeht, nicht nur für die Schneebergers.

Mils besteht heute nun zu 95% aus diesen Einfamilienhäusern mit meist sehr grossem Gartenanteil. Und obwohl Mils flächenmässig im Verhältnis zur anwesenden Bevölkerung recht gross und von der Einwohnerschaft her recht alt ist, gibt es keine Möglichkeit mehr, noch viel dringend benötigten Wohnraum zu schaffen, weil alles schon vergeben ist, oder nur zu nicht leistbaren Preise hergegeben wird. Zuwanderung will man ja eigentlich eh nicht. Soziale Treffpunkte oder Parks wurden zwar mal angedacht, funktionieren oderbzw. existieren aber nicht, abgesehen vonausser einer Art Zwischenwiese neben dem Dorfkreisel mit einem aus den Abflussrohren des Dorfes blubbernden, komischen Bächlein, dem Friedhof, zwei kleinen Mp-Preis- Filialen und einer Apotheke. Das stört die Milser aber nicht, denn jeder ist sowieso am liebsten bei sich zuhause. Man kennt es nicht anders, und die Dorfjugend trifft sich heimlich mit Vespas draussen am Feld zum Rauchen.

Die Privat-Parzellen beinhalten dann alle möglichen katastrophalen Ausführungen, die man sich vorstellen kann: da gibt’s den Pseudoholzbauernhof mit der Autogarage im Tirolerstil, das spiessige Reihenhäuschen zur totalen gegenseitigen sozialen Überwachung, den fünfmal angebauten Betonkasten im farblosen Favelastil, das düstere Dunkelholzhaus, die verhinderte Moderne in grauen Ecken mit Swimmingpool, die verhinderte Moderne in Holzlattenfassade, die verhinderte Moderne mit gehamstertem Nachbargrundstück für die Kinder, die dann nach Wien ziehen, bis dahin Skulpturenpark mit schrecklicher Kunst: ein Mosaik der geschmacklichen und sozialen Katastrophen.

Die hässlichsten und langweiligsten Dörfer und Städte Tirols (9/50): Ebbs

Wenn das Vorarlberg ein Dorf wäre, dann wäre es Ebbs. Wenn es ein Role Model für Siedlungsbrei gäbe, dann wäre es Ebbs. Wenn jemand eine grosse Hauszwiebel genommen hätte, sie in hunderte unregelmässiger Teile zerhackt und auf einem grossen Brett verstreut hätte, dann wäre das Ebbs. Ebbs beginnt als Stadtteil von Kufstein und endet als zerfranstes Irgendwas im Feld, genauer,  bzw. in Niederndorf oder Kirchdorf oder am Inn. Was halt so passiert, wenn ein paar wenige Bauernfamilien nach ihrem Gusto bestimmen, wer wo wie es wert ist, etwas errichten zu dürfen. Ebbs war auf Grund seiner Lage an der bayrischen Grenze eines der ersten Touridörfer Tirols. Am meisten lohnt sich ein Besuch im sogenannten Raritätenzoo. Dieser Zoo ist sehr authentisch. Die Gebäude und Käfige und Spielplätze erinnern in Zustand und Konstruktionsweise an jene Ländern aus der 3. Welt, in denen die meisten der ausgestellten Tiere ursprünglich lebten. Den schönsten Platz haben die Axolotl in ihrem Aquarium direkt über dem Pissoir der Männertoilette. Ein Tier, dessen Körperteile nachwachsen können, und das eine bisschen so aussieht und vor allem so schiach ist wie ein Penis, hier zu platzieren, zeugt von einem tieferen philosophischen Verständnis der Welt.

Die hässlichsten und langweiligsten Dörfer und Städte Tirols (10/50): Wörgl(10/50)

Im Vergleich zu anderen Tiroler Siedlungen ist Wörgl gar nicht so hässlich. Ja gut, das Fussl- Gebäude am Bahnhof sieht aus, wie wenn ein als rosa Schlumpf verkleideter Architekt mit voller Absicht zwanzigmal gegen einen Laternenpfosten gelaufen wäre, von sich ein Selfie gemacht und das dann als Gebäude nachempfunden hätte. Hippe heutige Künstler würden Wörgl natürlich meeeega interessant finden, weil sie es ja doch nicht lassen können, aus dieser utopie- und traumlosen Saurezitronenzeitsauren Zitronenzeit wenigsten ein bissel Authentizität rauszupressen. Und die gibt es hier im Gegensatz zum Rest von Tirol wirklich reichlich. Gescheiterte Existenzen, wohin man blickt, zusammengehalten nur von Teslaklebeband, billigen Glasfassaden, gebrauchten BMWs und Steyrtraktoren und weichen wie harten Drogen.

In Wörgl kriegt man den vollen Kontrast. Hier kann man einen klassischen Tiroler Bauernhof neben einem 70er- Jahre-, hundert Meter hohen Mehralsmehrfamilienhaus stehen sehen. Auf der eine Seite Hühner, die verwirrt auf dem Gehsteig Passanten ausweichen und Zigarettenstummel picken, auf der anderen Seite Jugendliche in geklauten Markenklamotten mit Migrationshintergrund, die dich sich gegenseitig die neusten Rapsongs, wie sie glauben, aus Berlin einprügeln. Ein alter Bauer in vergilbten Lederhosen sitzt vor seinem leerstehenden Riesenkasten – , denn für die 10 Hühner und 8 Kälber, die er hier noch hält, bräuchte es es kaum eine 300-qm- Scheune fürs Heu mit 150-qm- Wohnhaus – und denkt darüber nach, dass die Jugendlichen eben so gewaltätig und böse sind, weil sie und vor allem ihre Eltern eben aus einem schlechteren Ort, als Wörgl einst war, kommen, und meint damit leider aber nicht die 60-qm- Wohnung für 1200 Euro von gegenüber, welche sein Sohn diesen vermietet, und wo diese mit Grosseltern, 4 Geschwistern und den Alkoholikereltern leben müssen, sondern irgendein fernes Land, dass ausser als Projektionsfläche und Rechtfertigungsgrundlage,n um Probleme weder anzugehen noch zu lösen, überhaupt keine Rolle mehr spielt, angesichts der persönlichen Machtlosigkeit aber gar nicht so unwichtig ist.

Wörgl hingegen ist für Tirol sehr wichtig. Denn so abstossend der ganze Trachtenkitschfundamentalismus ist, in Wörgl sieht man, was Tirol ohne das wäre, einfach nichts, langweilig und abwesend, ohne Idee für irgendetwas, was man heute brauchen könnte.

Eine Antwort zu “

  1. man muss einfach das schoene suchen und sehen, amor fati

    Marco Gross +501 6234425 +502 58901597 +41 774899703

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